Hugo Alfvén (1872-1960):

Bergakungen

deutsch Der Bergkönig / englisch The Mountain King / französisch Le Roi de la Montagne

Allgemeine Angaben zum Ballett

Entstehungszeit: 1916-23
Uraufführung: 17. Februar 1923, Königliche Oper Stockholm
Besetzung: Orchester
Spieldauer: ca. 80 Minuten
Bemerkung: 1923 auch als gleichnamige Suite arrangiert
Opus: op. 37
R 99

Zum Ballett

Art: Ballettpantomime in drei Akten
Libretto: vom Komponisten nach einer Volksballade
Ort: der hohe Norden
Zeit: zu unbestimmter Zeit

Personen der Handlung

Das ‚Herdenmädchen’
Der ‚Herdenjunge’
Humpe, ein Troll
Der Bergkönig
Weitere: Trolle, Meermädchen, Untertanen

Handlung

1. Akt:

ERSTE SZENE: EINE GRÜNE SOMMERWIESE

Ein zauberhafter Sonnenuntergang wird durch die Ouvertüre reflektiert. Erquickt durch die Liebe kommt das Herdenmädchen, dicht gefolgt von dem Herdenbuben, auf die Bühne gerannt. Der Dichter hat es leider versäumt, den beiden einen Namen zu geben. Der Knabe hat offenbar von den Spielchen noch nicht genug. Das Schmusen und Turteln geht weiter, bis sie übermütig und lachend den Schauplatz verlassen.

Junges Volk tritt auf und beginnt zu tanzen, zunächst gemäßigt, dann kommen neue Tanzschritte hinzu. Es gibt eine kleine Rauferei, weil einer der Jungen den Rhythmus nur unvollkommen beherrscht. Die Ordnung ist bald wieder hergestellt. Offenbar ist unser Protagonist doch ein bisschen zu aufdringlich geworden, denn das Mädchen ist errötet und versucht, in den Wald zu entkommen.

ZWEITE SZENE: IM WALD

Unser Herdenmädchen hat sich verlaufen und findet den Weg nicht zurück. Es bläst immerzu ins Horn, aber der Freund gibt kein Echo.

Noch jemand ist im Wald unterwegs. Es ist Humpe! Unter den Pilzen und Beeren des Waldes sucht er etwas zu essen für sich. Eine Blindschleiche schlängelt sich vorbei, und ein Frosch hüpft über den Weg. Es wird dunkel im Wald und lebendig, denn auch Trolle lieben es zu tanzen. Nach dem Willen des Komponisten nehmen auch Meermädchen daran teil. Die Zusammenkunft artet in einen ausgelassenen Ball im Mondenschein aus, bis die Teilnehmer sich schließlich zerstreuen. Der Morgen graut, und im Orchestergraben zwitschern bereits die Singvögel.

Unser Liebespaar hat nicht zusammengefunden. Das Mädchen vertreibt sich die Zeit mit Blumenpflücken. Humpe hat ihre Gegenwart mit scharfem Blick ausfindig gemacht und nähert sich vorwitzig und verstohlen. Durch die Sonnenstrahlen geblendet rutscht das Mädchen auf den niedergetretenen Gräsern und Beeren aus. Moos und Wurzelballen wirbeln durch die Luft, dem neugierigen Humpe direkt ins Gesicht. Der Troll lamentiert, so dass Meermädchen hilfreich herbeieilen. Sie heben die Arme himmelwärts und flehen um Feuchtigkeit. Schnell bilden sich dunkle Wolken, und ein milder Regen strömt herab. Humpe kann sich das Gesicht waschen, und dann ist er wieder sauber.

2. Akt:

DRITTE SZENE: DER ZUGANG IN DEN BERG

Das Herdenmädchen fragt den Troll, wie es aus dem Wald wieder herausfinden wird. Der Angeredete gestikuliert umständlich; entweder weiß er es selbst nicht oder er will es nicht sagen. Schließlich machen sich beide auf den Weg.

Ohne es zu wissen, sind sie in das Reich des Bergkönigs eingedrungen. Am Ende eines Torweges angelangt, öffnet sich unter dem donnernden Akkord der Blasinstrumente ein wuchtiges Portal. Zwielichtiges Bergvolk strömt heraus und umringt die beiden Ankömmlinge. Humpe, der versucht, das Mädchen zu schützen, wird vom Bergkönig einfach beiseite geschoben. Das Mädchen - auf einen goldenen Tisch gehoben - wird von den dienstbaren Geistern in den Berg getragen. Das Tor schlägt zu, und der Zurückgebliebene stürzt kraftlos zu Boden.

Nachdem der Herdenjunge ausgiebig nach seinem Mädchen gesucht hat, findet er den Platz, an dem Humpe zusammengebrochen ist. Der Troll erzählt dem Ankömmling, was geschah. Unzählige kleine Trolle des Waldes sind aufmerksam geworden und lauschen der Geschichte. Sie sympathisieren mit dem gutaussehenden Jungen und überlegen, wie man helfen kann. In vergeblichem Ärger hat dieser sein Messer gezogen und droht damit gegen die verschlossene Tür.

Die Trolle haben eine Idee: Sie bringen einen bizarr aussehenden Strauch herbei und führen einen rituellen Tanz aus, der von Zaubersprüchen begleitet wird. Der Strauch dreht sich wie eine Spirale, bis sich ein Zauberschwert mit goldenem Knauf und blitzender Klinge gebildet hat. Humpe will es nehmen, aber der Herdenjunge ist schneller. Jubelnd schwingt er die Waffe über seinen Kopf. Dann schlägt er damit gegen die Eingangstür. Die Funken sprühen, und schließlich springt sie auf. Die beiden stürmen hinein. Was vorher geschah, zeigt die Rückblende des dritten Aktes.

3. Akt:

VIERTE SZENE: DIE HALLE DES BERGGÖNIGS

Der Bergkönig sitzt auf seinem Thron in der großen Halle, umgeben von seinen Untertanen. Unter der Decke hängt ein geräumiger goldener Käfig, in dem das Mädchen eingeschlossen ist. Andächtig wird es von den Trollen begafft. Anmutige Tanzschritte zu leiser Musik bewegen den König, den Käfig an seinen Ketten herunterzulassen. Das Mädchen möchte zurück in die Natur und fleht den König an, es freizulassen. Die Bejammernswerte erreicht, dass zumindest die Käfigtür geöffnet wird. Von Seiten des Bergkönigs ist daran die Erwartung geknüpft, dass die Schöne eine Probe ihres tänzerischen Könnens abgibt. Die Zustimmung lässt nicht auf sich warten, und der Ballettbesucher ist überrascht, wie perfekt nordische Herdenmädchen tanzen können. Es ist fast so, als ob sie eine Ballettschule besucht hätten. Zuerst kommen die gelassenen Schritte, und dann wird es immer hektischer. Bis zur Ekstase wird die Übung durchgezogen. Die weiblichen Trolle befürchten, dass der König seine Gunst von ihnen abwenden könnte, reagieren eifersüchtig und möchten es im Tanzen dem Fremdling gleichtun. An Drohgebärden gegen die Artfremde wird nicht gespart. Zur schrillen Musik wird der Tanz immer hektischer und gerät schließlich außer Kontrolle. Auf dem Höhepunkt des Zumutbaren angelangt, donnert es plötzlich gegen die Tür. Mit Gewalt wird sie aufgesprengt und der Herdenjunge schwingt sein Zauberschwert gegen Gut und Böse. Ein gewaltiger Streich - und der Bergkönig stürzt tödlich getroffen zu Boden. Mit seinem Mädchen an der Hand eilt der Junge ins Sonnenlicht, welches durch die Öffnung in den Berg flutet. Vom Schicksalsort nun aber nichts wie weg.

FÜNFTE SZENE: HUMPES RACHE

Das Mädchen ist völlig erschöpft, und der Junge tröstet es. Humpe scheint plötzlich überflüssig geworden zu sein, nachdem er die Befreiung überhaupt erst ermöglicht hat. Die beiden sind nur daran interessiert, aus dem Wald herauszukommen und bemerken zunächst gar nicht, dass Humpe ihnen in einiger Entfernung zögernd folgt. Er möchte das Mädchen für sich, und in einem unbewachten Augenblick, als der Partner auf Kundschaft ist, greift er nach ihr, um sie wegzuschleppen. Zu früh kommt der Junge zurück und schleudert den Gnom zu Boden. Er droht ihm mit dem Schwert, so dass der Verängstigte es vorzieht, sich außer Reichweite zu begeben. Hasserfüllt sinnt der Gedemütigte auf Rache.

Die beiden Menschenkinder sind abgespannt und setzen sich auf einen Stein. Eng umschlungen sind sie im Sitzen eingeschlafen. Humpe kehrt zurück, wagt es aber nicht, sich ihnen zu nähern. Er ist in Gesellschaft weiterer Trolle, die Macht über die Kräfte der Natur haben. Die Schlafenden werden umtanzt und mit Zaubersprüchen bedacht. Ein Wind kommt auf, und es beginnt Schnee zu fallen – mehr und mehr. Eisig kalt wird es. Schließlich ebbt das Unwetter ab und gibt den Blick frei.

Was sieht der Ballettbesucher auf dem Stein? Zwei wunderschön transformierte weiße Skulpturen.

Beschreibung

Bei den Trollen kann man sich im Prinzip nicht sicher sein, ob sie dem Menschen wohlgesonnen sind oder ihm grundsätzlich übel mitspielen möchten. Die Triebfeder kann auch ganz einfach das Wohlgefallen am Schabernack sein.

Der wichtigste Charakter des Balletts ist Humpe und nicht der Bergkönig. Er wird in Abbildungen als Eule mit Flügeln und Krallen, Wanderstab und rotem Lackgürtel dargestellt. Das Vogelgesicht trägt menschliche Züge, anstelle des Schnabels tritt eine lange Nase.

In dem Ballett ist Humpe zunächst hilfsbereit und riskiert die Feindschaft des Bergkönigs. Seine Freundlichkeit wird mit Missachtung durch das Liebespaar, dem er geholfen hat, bestraft. Er rächt sich auf typische Weise, indem der die Kräfte der Natur als Werkzeug einsetzt.

Der Bergkönig erweist sich als erstaunlich unfähig, seine dienstbaren Geister und die eigene Haut gegen einen einfachen Hirtenjungen zu verteidigen.


Letzte Änderung am 13.10.2006
Beitrag von Engelbert Hellen