Entstehungszeit: | 1939-40 |
Uraufführung: | 20. Januar 1940 in Berlin (Staatsoper) Dirigent: Werner Egk Choreographie: Lizzie Maudrik Inszenierung: Heinz Tietjen Bühnenbild und Kostüme: Josef Fenneker Tänzer: Bernhard Woisin, Ilse Meudtner, Rolf Jahnke |
Besetzung: | Orchester, Chor und Sprecher |
Spieldauer: | ca. 70 Minuten |
Erstdruck: | Schott |
Bemerkung: | Werner Egk entwirft eine eigenwillige Variante des Don-Juan-Themas. Die Figuren aus der Mozart-Oper sind teilweise wiederzuerkennen, haben ihren Charakter allerdings ein bisschen verändert. Joan von Zarissa ist ein Ausstattungsballett und hatte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg großen Erfolg. Es knüpft an die Ballette wie „La Bajadere“, „Scheherazade“ und „Die Fontäne von Bachtschissarai“ an, ist aber in der Tonsprache ein Kind des zwanzigsten Jahrhunderts. Erst mit den Komponisten Richard Strauss, Werner Egk, Wolfgang Fortner, Boris Blacher, Gottfried von Einem und Werner Henze fand der deutsche Kulturraum den Anschluss an die Ballettszene der Dänen, Franzosen und Russen. |
Art: | Dramatische Tanzdichtung in vier Bildern |
Libretto: | Werner Egk nach 'Don Juan' von Tirso de Molina u. a. |
Ort: | Spanien |
Zeit: | 16. Jahrhundert |
Joan von Zarissa | |
Der Eiserne Herzog | |
Isabeau: | die Herzogin |
Lefou: | der Narr |
Die Schönste der gefangenen Maurinnen | |
Ein gefangenes Fürstenpaar | |
Ein hünenhafter Ritter | |
Perette: | eine Magd |
Weitere: | zwei Küchenmädchen, ein Ungeheuer, Florence (Futter für das Ungeheuer), ein mutiger Ritter, der das Mädchen befreit |
Erstes Bild
Wenn man Vorfahren hat, die große Heldentaten begangen haben, ist man stolz. An Gedenktagen wird zum Bankett geladen und den Gästen standesgemäße Zerstreuung geboten. Der „Eiserne Herzog“ heißt so, weil er ständig in eiserner Rüstung herumläuft und bei seinen militärischen Operationen eisernen Willen beweist. Es werden die Gefangenen vorgeführt. Die wilden struppige Kerle sind angekettet, damit sie nicht entweichen können. Das gefangene Fürstenpaar ist für die Theaterbesucher nicht so interessant wie die hübschen Maurinnen, die ihre Heimat verloren haben und darüber traurig sind. Die Schönste kreiert einen Bauchtanz, um im christlichen Abendland die Kultur ihrer Heimat bekannt zu machen, und die Gefährtinnen schließen sich an. Mit bunten Schleiern wird gewedelt und am Ende der Vorstellung schiebt die Favoritin sogar den Schleier zur Seite, damit man auch das Gesicht sehen kann.
Ein langer roter Teppich wird in der Mitte der Halle ausgerollt, was darauf schließen lässt, dass hoher Besuch zu erwarten ist. Es ist Joan von Zarissa, der von Lefou seinem schrägen Diener mit lauter Stimme angekündigt wird. Der Eiserne Herzog und seine Gemahlin Isabeau begrüßen den Ankömmling mit einem huldvollen Kopfnicken. Ohne Veranlassung wird Don Joan von einem hünenhaften Rüpel, der unerwartet auf der Bildfläche erscheint, zum Zweikampf aufgefordert. Der Angerempelte gewinnt, weil er nicht der Stärkere, sondern der Flinkere ist. Als Belohnung gibt es eine Siegestrophäe, die von der Herzogin höchstpersönlich überreicht wird. Isabeau nähert sich, und Joan fasst das gespitzte Mäulchen als Einladung zum Küssen auf. Der Eiserne Herzog ist erzürnt und geht mit dem Degen auf den Gast los. Was erdreistet sich Don Joan eigentlich? Auch diesmal ist der Tapfere der Siegreiche. Der alte Herr kann nicht mehr so, wie er gern möchte. Das Blut sickert aus seinem eisernen Panzer, und er legt sich kampfesmüde auf den roten Teppich.
Zweites Bild
Die Herzogin hat sich schwarze Trauerkleidung übergezogen, um am Katafalk ihres getöteten Mannes zu beten. Während sie dieser Notwendigkeit nachkommt, steht plötzlich mit liebenswürdigem Schnäuzer-Lächeln Joan von Zarissa neben ihr. In gereizter Stimmung versucht sie, den Mörder ihres Gatten zu erwürgen. Der Mord scheitert an ihren mangelnden Körperkräften, und der Frauenkenner zieht die Widerstandslose in seine Arme. Das Praktische verbindet er mit dem Angenehmen und erklärt der Herzogin seine Liebe. Weshalb sollte sie ablehnen? Der Gatte ist tot und der Thron verwaist.
Drittes Bild
Jetzt ist Joan der Burgherr, und die strahlende Witwe neben der wertvollen Immobilie sein Eigentum. Lefou ist weniger erfolgreich in seinen Bemühungen. Von der Magd Perette, die er umwirbt, erhält er eine Abfuhr, aber die beiden hübschen Küchenmädchen sind zutraulich. Die Herzogin verdirbt ihm den Spaß und macht der Affäre abrupt ein Ende. Was eigentlich gar nicht zu ihrem vornehmen Wesen passt, sind ihre sadistischen Gelüste.
In ihrem Burgverlies hält sie ein Ungeheuer gefangen, welches sich von Menschenfleisch ernährt. Man bietet ihm Früchte an, die aber verschmäht werden, weil der Magen vegetarische Nahrung nicht verträgt. Im Rahmen einer höfischen Zirkusvorstellung wird der zähnefletschenden Bestie eine Jungfrau zum Fraße vorgeworfen. Mordlustig flackern die Augen, und gierig sperrt das Untier seinen Rachen auf, weil es Hunger hat und seinen Appetit stillen möchte. Doch es gibt noch mutige Ritter auf dieser Welt. Ein solcher eilt herbei und verjagt das Ungeheuer mit seiner Stichwaffe. Aus Dankbarkeit tanzt das Mädchen mit ihrem Retter einen Pas de deux. Dieser wird von Joan, dem das Mädchen auch gefällt, gestört. Er reißt die beiden auseinander, um selbst mit der Schönen zu tanzen. Der mutige Lebensretter lässt sich die Kränkung nicht gefallen und setzt sich zur Wehr. Doch Joan schlägt ihm den Degen brutal aus der Hand zerbricht die Waffe in Stücke. Isabeau kann es nicht ertragen, dass ihr Gatte einer anderen Dame huldigt und befiehlt den Wachen, das Paar gewaltsam zu trennen. Doch diese sind nicht geneigt, sich in die zärtlichen Angelegenheiten ihres Herrn einzumischen und verweigern den Gehorsam. Die Herzogin bekommt einen Nervenzusammenbruch und stürzt zu Boden. Joan trägt die verzweifelte Florence weg vom Ort unliebsamen Geschehens und verlässt die Halle, um sich seiner gewaltsamen Eroberung in Ruhe widmen zu können.
Viertes Bild
Joan von Zarissa und sein Diener sind Saufbrüder. Der erste verliert beim Würfelspiel, und seine Barschaft reicht nicht aus, um die Spielschulden zu begleichen. Trotzdem möchte der Trunkenbold gern weiterspielen und verspricht dem höhnisch grinsenden Narren mangels glaubhafter Kreditwürdigkeit sein Mädchen zur Begleichung seiner Schulden. Lefou geht auf den Handel ein, gewinnt erneut und versucht, seinen Spielgewinn gewaltsam an sich zu reißen. Florence ist nicht geneigt, ihren Gebieter, den sie abgöttisch liebt, aufzugeben und stößt sich das Messer in ihr unschuldiges Herz.
Es wird Zeit, dass der Himmel sich einschaltet, um die begangene Freveltat zu rächen. Den Eisernen Herzog schickt er als Todesboten und Vollstrecker göttlichen Willens mit dem flammenden Richterschwert. Joan sieht, dass die Vergeltung für böse Untat in Folge unausweichlich ist und sinkt vor Schreck tot zu Boden. Zur spektakulären Höllenfahrt reicht der jüngste Strafbestand nicht aus, weil eine aktive Beteiligung an dem Blutopfer nicht angelastet werden kann.
Letzte Änderung am 15.6.2007
Veröffentlichung mit Zustimmung von musirony