Entstehungszeit: | 1951 |
Uraufführung: | 28. April 1951 in Berlin Choreographie: Jens Keith Bühnenbild: Paul Seltenhammer Ausführende: Suse Preisser – Erwin Bredow – Rainer Köchermann |
Besetzung: | Orchester |
Erstdruck: | Mainz: B. Schott's Söhne, 1951 (Klavierauszug) |
Art: | Ballett in zwei Teilen und drei Bildern nach dem Märchen "The Birthday of the Infanta" von Oscar Wilde |
Ort: | Madrid |
Zeit: | zur Zeit der Inquisition |
Die Infantin von Spanien | |
Der Zwerg | |
Traumbild der Infantin | |
Traumbild des Zwerges | |
Die Oberhofmeisterin | |
Weitere: | der Kanzler, der Großinquisitor, der Sohn des französischen Gesandten (als Stier verkleidet), der Torero (ein Kinderdarsteller), die Tänzerin mit dem Bären, der Gaukler mit der Schlange, Chorknaben der Kathedrale, Freundinnen der Prinzessin und andere |
Die Infantin hat Geburtstag, und man feiert vor der mächtigen Fassade des Escorial. Viele Gratulanten sind gekommen, die ihrer Freude Ausdruck geben und mit einer kleinen Darbietung Aufmerksamkeit und Wohlgefallen des Geburtstagskindes erregen möchten. Die Zeremonienmeisterin ist bemüht, die vielen Menschen an ihren Platz zu dirigieren und den reibungslosen Ablauf des zu erwartenden Festprogramms zu überwachen. Die Infantin ist sich der Bedeutung des Tages bewusst und befindet sich in vorzüglicher Stimmung. Mit strahlendem Lächeln tanzt sie eine Variation, der sich die Divertissements der Gäste und Hofleute anschließen. Es erscheinen der Sohn des französischen Gesandten, der einen wütenden Stier imitiert und von einem Kindertorero zur Strecke gebracht wird. Der afrikanische Gaukler hält Zwiesprache mit einer bösartigen Schlange, und eine Tänzerin gibt sich Mühe, es einem Bären in der Tanzkunst gleichzutun. Die Knaben der Kathedrale von Nuestra Sennora del Pilar - eigentlich für den Chorgesang abgerichtet - dürfen zur Feier des Tages tanzen. Selbst der Kanzler und der Großinquisitor vergessen die Last und Würde ihres Amtes und geben Schwung.
Der spanische Hof hatte stets ein wohlwollendes Verhältnis zu kleinwüchsigen Menschen. Ein Zwerg darf die Abfolge der Divertissements beschließen. Seine Darbietung ist allerdings nicht von überschäumender Fröhlichkeit, sondern Besinnliches und Traurigkeit bringt er zum Ausdruck. Der Infantin gefällt der Kontrast, und sie wirft dem kleinen Künstler eine weiße Rose zu. Durch ein leutseliges Nicken bedeutet die Holde ihm, in seiner Darbietung fortzufahren. Doch die Gäste sind bereits in Aufbruchstimmung und die Haushofmeisterin klatscht dreimal in die Hände, um das Fest zu beenden. Der Nachdenkliche bleibt allein zurück und vertieft sich in die wunderschöne weiße Rose, dem Geschenk der Prinzessin.
Der Kleinwüchsige hat die besondere Fähigkeit, die Sprache und Empfindungen der Blumen und Tiere zu verstehen. Zu ihnen begibt er sich in den Park, um seine freudige Stimmung mit ihnen zu teilen. Das Geschenk der Prinzessin hat ihn glücklich gemacht. Doch es ist sein Schicksal, dass sein Glück niemals von Dauer ist, weil es durch Laune und Missgunst anderer verdorben wird. Die Blumenhexe scheucht ihn fort, und der hochmütige Pfau mag ihn nicht leiden. Schlechte Behandlung gewohnt, verzieht sich der Gekränkte in einen stillen Winkel des Gartens und schläft ein.
Doch dann geschieht ein Wunder. Im Traum erscheint ihm ein wohlgestalteter junger Mann, nimmt ihm die weiße Rose aus der Hand und beginnt damit zu tanzen. Er weiß, dass es seine Seele ist, die sich vom Körper gelöst hat. Seine Sehnsucht hat ebenfalls Gestalt angenommen. Vom Schloss her nähert sich die Infantin, und ihre einladenden Bewegungen fordern den Jüngling zu inniger Zweisamkeit. Es kommt zu einem Pas de deux der Harmonie und Gelöstheit, bis das Traumbild zerrinnt. Zuvor hat der Jüngling die Rose in die ausgestreckte Hand des Träumenden zurückgelegt.
Gefangen von seiner Illusion eilt der Erwachte in den Palast, um die kindliche Prinzessin zu suchen. Sie tollt mit den anderen Kindern umher und kommt ihm freundlich entgegen. Abrupt und ohne erkennbaren Anlass macht sich ein Stimmungsumschwung bemerkbar und die Angebetete setzt ein bösartiges Lächeln auf. Von einem Spiegel reißt sie das Tuch weg, damit der Verehrer sich seiner Missgestalt bewusst werden soll. Im unmittelbaren Vergleich mit den anderen Kindern findet der Gedemütigte sich grotesk und kann der Doppelbelastung der plötzlichen Ablehnung und der Unabwendbarkeit seines Schicksals nicht standhalten. Lautlos sackt er in sich zusammen und stirbt.
Letzte Änderung am 21.2.2007
Beitrag von Engelbert Hellen