Sturmhöhe
Untertitel: | Histoire d'une Passion |
Untertitel : | Geschichte einer Leidenschaft |
Spieldauer: | ca. 45 Minuten |
Verlag: | Salabert |
Art: | Ballett in acht Bildern |
Libretto: | Edmonde Charles-Roux nach dem Roman von Emily Bronte |
Ort: | Yorkshire, England |
Zeit: | 18. Jahrhundert |
Heathcliff | |
Catherine | |
Hindley | |
Linton |
Es ist erforderlich, den Inhalt des Romans von Emily Brontë ein bisschen zu kennen, um den skizzenhaften Handlungsablauf des Balletts von Marcel Landowsky nachvollziehen zu können.
„Wuthering Heighs“ ist der Name eines Gehöftes, welches in der englischen Landschaft Yorkshire liegt. Der Besitzer des Gutes greift in den Elendsvierteln von Liverpool einen Jungen auf und nimmt ihn in mildtätiger Absicht mit nach Hause. Sein Name ist Heathcliff, der nun auf dem Hof zusammen mit den Kindern Hindley und Catherine aufwächst.
Eine gute Entscheidung, sich des Verwahrlosten anzunehmen, war es nicht. Der Junge hat einen unsteten hitzigen Charakter und verträgt sich mit dem älteren Hindley überhaupt nicht. Catherine, ebenfalls spontan und leidenschaftlich veranlagt, fasst Zuneigung, die der Bruder mit Eifersucht quittiert.
In Edgar Linton, dem Sohn eines benachbarten Gutsbesitzers, hat Catherine einen Verehrer, der ihr nicht unangenehm ist. Die freundschaftliche Beziehung zu Heathcliff kühlt sich ab, obwohl er ihr lieber Kumpel bleibt. Das stolze Mädchen kann sich jedoch nicht entschließen, eine feste Bindung zu Linton einzugehen und zu Heathcliff noch viel weniger. Der Letztere fühlt sich verschmäht, verlässt den Hof und geht auf Wanderschaft.
Sein Hass auf die beiden Familien, die in seinen Augen sein Lebensglück zerstört haben, lässt Heathcliff keine Ruhe finden und nach einigen Jahren kehrt er auf den Hof zurück, um gezielt Unfrieden zu stiften. Catherine, inzwischen nun doch Lintons Frau geworden, ist nicht glücklich in ihrer Ehe.
Zunächst fasst der Heimkehrer sich den labilen Hindley, der ihn als Kind immer schikaniert hat. Der Tod seiner Frau hat ihn arg mitgenommen und - anfällig für Alkohol und Glückspiel - versucht der Rachsüchtige dem Deprimierten den Rest zu geben. Heathcliff selbst heiratet seine Schwägerin Isabelle, behandelt sie aber so schlecht, dass sie bald vom Hof flieht.
Nun ist er mit Catherine und ihrem Mann allein auf dem Gut, welches praktisch ihm gehört. Die Heißblütige kann sich zwischen Liebe zum Jugendgespielen und Treue zum Ehemann nicht entscheiden und wird darüber wahnsinnig. Es kommt zu einer Aussprache, in der Heathcliff wissen will, weshalb er damals zurückgewiesen wurde. Catherine stirbt im Kindbett.
Die Verwicklungen gehen weiter, erstrecken sich aber auf die nächste Generation, die im Ballett von Landowski nicht behandelt wird. Der Quälgeist Heathcliff kommt auf mysteriöse Weise ums Leben. Abergläubige Dorfbewohner behaupten, Catherine habe ihn zu sich geholt, damit sie nicht allein im Moor spuken muss.
Das Ballett:
I. LA LANDE (Das Moor)
Die unendliche Weite von Kraut und Unterholz wird vom Wind gepeitscht. Das Orchester beschreibt eine unheimliche Welt, die von Aufgewühltheit und dunklen Geheimnissen belastet ist.
II. LES ENFANTS SAUVAGES (Die wilden Kinder)
Wie junge Katzen spielen die beiden Kinder Heathcliff und Catherine mal brutal, mal liebevoll miteinander. Der ältere Bruder Catherines bewacht eifersüchtig sein Schwesterchen und hält die gewaltsamen Spiele der beiden schon nicht mehr für unschuldig.
III. HUIT ANS APRÉS (Acht Jahre danach)
Aus den Kindern auf Gut „Hauts de Hurlevint“ sind Heranwachsende geworden. Hass, Rachsucht und Leidenschaft flammen auf wie ein Kaminfeuer. Hindley, hinterhältig und verschlagen, zeigt dem Eindringling deutlich seine Abneigung. Die übermütige Catherine hält ihre Liebe zu Heathcliff für unbesiegt bar und zeigt ihrem Bruder ihre Geringschätzung. Es kommt zur tätlichen Bedrohung des Nestfremden durch Hindley verrückter Eifersucht.
IV. LA FÊTE DE NOËL (Weihnachten)
Es ist Weihnachten. Man bereitet sich auf das Fest vor. Die Gäste erscheinen. Es wird getanzt. Catherine, entzückend aussehend, flirtet vor Heathcliffs Augen mit dem jungen Linton. Dieser agiert bar jeder Selbstkontrolle und Vernunft, wie sein Instinkt es ihm eingibt. Verrückt vor Eifersucht, verlässt er den Ball und provoziert damit einen Skandal. Er entflieht ins Moor, und Catherine macht sich auf, den Gekränkten zu suchen.
V. HEATHCLIFF ET CATHERINE (Heathcliff und Catherine)
Catherine hat den Ausreißer gefunden und ist zum Fest zurückgekommen. Ihre wilde und leidenschaftliche Liebe ist nicht zu verheimlichen. Die Gäste fühlen sich irritiert und halten sich separat. Catherine versucht zu beschwichtigen und die Narrheit Heathcliffs zu verharmlosen.
VI. CHEZ LES LINTON (Bei den Lintons)
Einige Jahre später! Heathcliff ist plötzlich vom Hof verschwunden und auf Wanderschaft gegangen. Catherine hat Linton geheiratet. Geistesabwesend wartet sie, ohne zu wissen, auf was und ist verdrossen.
VII. LE RETOURE ET LA MORT (Die Rückkehr und der Tod)
Plötzlich ist Heathcliff wieder im Lande. Er heiratet Isabelle, seine Schwägerin, behandelt sie schlecht und isoliert sie. Sein Schicksal schreibt ihm vor, Catherine zu lieben und von ihr geliebt zu werden.
Die Situation eskaliert und die Geliebte stirbt, halb wahnsinnig geworden, in seinen Armen.
VIII. LE REMORDS ET LA FOLIE
Heathcliff fühlt sich schuldig am Tod Catherines. Er betrachtet seine Liebe als Phantom, welches ihn auch nach Catherines Tod verfolgt. Er irrt im Moor umher und findet einen mysteriösen Tod.
Die Tonsprache Landowskis hält sich nicht an überlieferte Traditionen, verweilt auch nicht im Experiment. Oberstes Gebot schien dem Komponisten zu sein zu sein, den literarischen Ablauf der Romanvorlage mit modernen musikalischen Mitteln zu illustrieren und die Seelenlandschaft der ihren Leidenschaften unterworfenen Personen auszuleuchten. Künstlich erzeugte Klänge vermischen sich mit dem gewohnten Klangkörper eines traditionellen Sinfonieorchester, sogar nicht zu definierendes Stimmengeflüster ist teilweise zu hören. Der wohltuende Klang der Solovioline bleibt nicht ausgespart. Ein schlagzeugbetontes Kammerensembles hilft, die gewünschte Collage zu erzeugen, um den Zuhörer in seinen Bann zu ziehen, ihn zu fesseln und zu faszinieren. Sofern auf Seiten des Konzertbesuchers die Bereitschaft besteht, Ungewohntes zu akzeptieren, wird er der Ballettmusik von Marcel Landowski einen bevorzugten Platz in der ersten Reihe der im zwanzigsten Jahrhundert geborenen Komponisten neben Henze und Britten zuzubilligen.
Letzte Änderung am 20.6.2006
Beitrag von Engelbert Hellen