Die Erschaffung der Welt / The Creation of the World
Entstehungszeit: | 1923 |
Uraufführung: | 25. Oktober 1923, Théâtre des Champs Elysées |
Besetzung: | 2 Flöten, 1 Oboe, 2 Klarinetten, 1 Saxophon, 1 Fagott, 1 Horn, 2 Trompeten, 1 Posaune, Klavier, dazu Schlagzeug und diverse Streichinstrumente |
Spieldauer: | ca. 17 Minuten |
Opus: | op. 81 |
Art: | Ballett in einem Akt und fünf Szenen |
Libretto: | Blaise Cendras nach der schwarzafrikanischen Mythenwelt |
Ort: | Planet Erde, Bereich Afrika |
Zeit: | vor etwa 2 Millionen Jahren und der Zeitraum davor |
Ngama: | Schöpfergottheit |
Medere: | Schöpfergottheit |
Nkwa: | Schöpfergottheit |
Weitere: | Vögel, Fledermäuse, Krokodile, Insekten und weitere in vielfacher Vergrößerung, die ersten Menschen |
Gemäß afrikanischer Vorstellung war die Erde in ihren Uranfängen zwar wüst, aber nicht leer. Auf dem Boden wälzt sich Biomasse, die ihre Form noch nicht gefunden hat. Drei Schöpfergottheiten, Ngama, Medere und Nkwa verspüren Handlungsbedarf und nehmen sich der Sache an. Man weiß allerdings nicht so recht, was man formen will, denn es fehlt an geeigneten Vorbildern. Beschwörungen und Appelle an die Rohmasse erzielen erste Resultate.
Ungewollt gerät alles ein bisschen bizarr: Riesige Vögel, schreckhafte Fledermäuse, rachenaufsperrende Reptilien. Die Phantasie wird bis an ihre Grenzen ausgeschöpft. Damit die Lebewesen genügend zu essen haben – gedacht ist an fettarme vegetarische Kost – wird das Pflanzenreich erschaffen, nahrhaftes Gemüse, Obst, Beeren und Körner, dazu schöne Orchideen für die Blumenvase.
Die Weltschöpfer sind mit der erbrachten Leistung nicht zufrieden und versuchen die Resultate zu optimieren. Als erstes wird den Kreaturen beigebracht, ihrem Schöpfer zu huldigen und ihnen für die Wohltat ihrer Erschaffung zu danken, damit die Gottheiten das Gefühl bekommen, etwas Positives geleistet zu gaben. Der unbändige Bewegungsdrang der neuen Wesen wird geregelt und kanalisiert. Nur so konnte die Kunstform des Balletts entstehen.
Nun ist es an der Zeit, den Menschen zu erschaffen. Ein Paukenschlag im Orchester und schon ist er da. Gleich zwei Exemplare einer Gattung - Mann und Frau. Ballettbegeistert üben die beiden erste Schritte zum Tanz der Begierde. Alles schaut interessiert und ungeniert zu. Als erstes sind es die Affen, die alles nachmachen.
Darius Milhaud ist der Meister der kleinen Form. Es genügt ein Kammerensemble von 17 Instrumenten, um „Die Erschaffung der Welt“ ohne Radau auf der Bühne darzustellen. Inspiriert wurde Milhaud durch seinen Aufenthalt in Brasilien, in den USA und durch eine Big-Band in London, einen ganz neuen Sound zu schaffen, in dem klassische Strukturen mit den Elementen des Jazz kombiniert wurden. Der große Erfolg stellte sich nicht sogleich ein, sondern seine Beliebtheit erlangte das reizvolle Stück erst im Laufe der Jahre, nachdem sich der Hauch des Ungewohnten verflüchtigt hatte.
Letzte Änderung am 6.6.2015
Beitrag von Engelbert Hellen