Lakschmi / Lakshmi / Lakshmi
Entstehungszeit: | 1919-21 |
Uraufführung: | 4. März 1922 in Kopenhagen |
Besetzung: | Orchester |
Spieldauer: | ca. 60 Minuten |
Erstdruck: | Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1923 (Titel: 'Lackschmi oder Ein indisches Liebesmärchen') |
Bemerkung: | „Die Legende vom Schlangenstein“ des dänischen Nobelpreisträgers Karl Gjellerup, dem 1910 geschriebenen Roman „Die Weltwanderer“ entnommen, bot die Vorlage für das Ballett „Lakschmi“. Komponist und Choreograph mussten die Geschichte erheblich reduzieren und den religionsphilosophischen Gehalt sowie die psychologischen Verstrickungen herausnehmen, um sie für die Zwecke eines Balletts brauchbar zu machen. Exotische Sujets benutzten schon die Komponisten Minkus und Pugni in St. Petersburg, um publikumswirksame Ballette auf die Bühne zu bringen. In Dänemark komponierte Carl Nielsen seine Bühnenmusik zu „Aladdin“ und hatte weltweiten Erfolg. Impulse kamen auch von Diaghilews Balletts Russes. Als Autodidakt komponierte Ludolf Nielsen seine indische Liebesgeschichte „mit leichter Hand“. Insbesondere der zweite Akt trieft vor Exotik in Anlehnung an die Werke Rimski-Korsakows. Das Publikum dankte mit stürmischem Applaus. „Lakschmi“ wurde sein größter Bühnenerfolg und erlebte in der Zeit von 1922-24 in Kopenhagen über zwanzig Vorstellungen. Der Komponist war Leiter des Tivoli-Orchesters, mit dem er seine großen Erfolge einübte. Die Inszenierungen von „Lakschmi“ waren sehr aufwändig, der Choreograph und Ballettmeister Uhlendorff, ein Nachfahre des legendären Bournonville, tanzte selbst den Prinzen Devadatta. |
Opus: | op. 45 |
Art: | Ballett in zwei Akten |
Libretto: | Karl Gjellerup |
Ort: | Indien |
Zeit: | vor der Kolonialzeit |
Der Rajah | |
Surasundari: | Gemahlin des Rajahs |
Devadatta: | indischer Prinz |
Veramadeva: | Befehlshaber der Wachen |
Padmavati: | seine Tochter |
Ino: | ihre Freundin, eine Griechin |
Uraga: | Schlangenbeschwörer mit Schlange |
EIN HAIN MIT FLUSS UND SEE
Mit den Lampen der Glücksgöttin Lakschmi lässt sich die Zukunft voraussagen. Eine Schar junger Frauen will ihr Schicksal erfahren und übergibt in einer Tanzzeremonie ihre Lampe dem Fluss, damit die Strömung sie davonträgt. Hat der Leuchtkörper ruhiges Fahrwasser, wird auch das Leben unbeeinträchtigt verlaufen, stößt er dagegen mit einer anderen Leuchte zusammen, hält die Zukunft Komplikationen bereit. Die Rani Surasundari will mit ihrem Gefolge am Ufer des Flusses ein bisschen verweilen. Dem Prinzen Devadatta hat sie ihre Huld zugewandt, doch dieser zeigt sich reserviert. Beobachtet werden die beiden vom Befehlshaber der Wachen, Veramadeva, der offenbar Information sammelt, um bei passender Gelegenheit Intrigen daraus zu spinnen.
Die Frauen laufen am Ufer des Flusses entlang, um das Hüpfen ihrer Lampe in der unregelmäßigen Strömung zu beobachten. Ein Schlangenbeschwörer hat sich mit seiner Bambusflöte am Ufer niedergelassen. Folgsam wiegt die Schlange sich im vorgegebenen Takt der Melodie.
Am Flussufer geht es lebhaft zu. Padmavati kommt mit ihrer griechischen Freundin Ino, der sie scherzhaft die Lampe weggenommen hat, um sie auf dem Fluss tanzen zu lassen. Diese will ihr Schicksal aber nicht wissen, weil sie bestimmte Befürchtungen nicht bestätigt sehen will. Die Unfreie ist in den Prinzen Devadatta verliebt, macht sich aber wenig Hoffnung auf Gegenliebe. Padmavati bleibt unnachgiebig, setzt die Lampe frei, und diese treibt prompt ins Schilf. Ino ist untröstlich und weint so laut, dass der Prinz es hören kann. Dieser hat ein edles Herz, kommt eilends herbei und küsst der Unglücklichen die Tränen von der Wange. Die Lampe hat die Veränderung der Situation mitbekommen, löst sich aus der Verschlingung und sucht sich ruhiges Fahrwasser. Die beiden Verliebten umarmen sich und bemerken nicht, dass die Rani und Veramadeva aufmerksam geworden sind. Diese haben für die ausbrechenden Liebesgefühle der beiden kein Verständnis, denn in ihren Herzen nistet die Missgunst. Die Rani befiehlt Devadatta von seinem Objekt abzulassen und ihr in den Palast zu folgen. Veramadeva benimmt sich unwürdig und zeigt Gelüste, über Ino herzufallen. Ein vergebliches Unterfangen, denn Devadatta verhindert jegliche Gewaltanwendung in freier Natur. Böse Rache wird den Rivalen verfolgen, so schwört es Veramadeva.
Die Turbulenzen am Flussufer sind noch nicht vorbei. Zwei Wachleute haben sich des Schlangenbeschwörers bemächtigt, der nicht weiß, welches Vergehen er begangen haben soll. Er fleht um Freilassung und zeigt Veramadeva einen gelblichgrünen Edelstein mit dem Ziel, Druck auszuüben. Eigentümerin des Steines sei die Schlange und sie werde jeden töten, der den Stein trägt. Der Befehlshaber lässt sich nicht in Furcht versetzen, nimmt den Stein an sich und will später seine Wunderkraft testen.
Uraga ist genötigt, seinen musikalischen Dialog mit der Schlange abzubrechen, obwohl diese weitertanzen möchte und sich nun an der Orchestermusik von Ludolf Nielsen orientiert. Die Schlange wird von einer schönen Ballerina im hautengen Trikot getanzt und trägt den schicksalsträchtigen Edelstein an der Stirn. Das Schlangenkörbchen ist naturgemäß den Körpermaßen der Ballerina angepasst.
ZWISCHENAKTMUSIK
IM GARTEN DES PALASTES DES RAJAH
Am Abend soll zur Freude der Hofgesellschaft ein Gartenfest stattfinden. Schöne Bajaderen werden tanzen, und der Schlangenbeschwörer findet sich mit seiner Bambusflöte ein. In seinem Körbchen hat er die giftige Kobra, die sich nach den Bewegungen der Flöte hin und her wiegen und den Gästen kalten Schauder einflößen wird - so verspricht es Veramadeva. Den kostbaren Edelstein hat er von einem Kunsthandwerker an zentraler Stelle in ein Diadem einarbeiten lassen. Am Abend soll das Krönchen verschenkt werden. Wen die Schlange zu beißen hat, wird noch festgelegt, erklärt Veramadeva dem verdutzten Uraga. Der Zuschauer ahnt, wer das Diadem trägt, ist hinterher auch der Gebissene. Aber wer wird sich das Schmuckstück aufsetzen?
Der Rajah und die Rani erscheinen in feierlichem Aufzug mit Gefolge zur Abendveranstaltung. Die Bajaderen geben ihr bestes und tanzen, was der schöne Körper hergibt. Danach ist Ino an der Reihe und führt in einem Solo vor, wie man am Mittelmeer die Tanzkunst pflegt. Langsam und verführerisch sind ihre Bewegungen, so dass alle Anwesenden von ihrer großen Anmut auf das Angenehmste berührt sind. Als Kontrast treten nun Tänzer auf, die mit Stöcken aufeinander losgehen. Derjenige, welcher die meisten Schläge austeilt, bekommt die Griechin als Trophäe für seine Gewandtheit. Sieger im Kampfspiel ist Veramadeva, aber Devadatta macht ihm seine Trophäe streitig. Er will jetzt gegen Veramadeva mit dem Schwert kämpfen, weil er der Ansicht ist, Ino habe etwas besseres verdient, nämlich ihn. Die beiden Gockel gehen aufeinander los, und der Beschützer der Unschuld gewinnt nach Punkten. Dem Verlierer schenkt er großzügig das Leben und gewinnt mit der edlen Geste den Beifall der Menge. Wenn der Rajah zustimmt, darf er das schöne Mädchen in seinen Haushalt überführen. Unterdrückte Wut produziert die Rani, die, obwohl bereits standesgemäß verheiratet, sich auch Hoffnung auf die heimliche Liebe des Prinzen gemacht hat.
Veramadeva ist über die zur Schau gestellte Großzügigkeit seines Rivalen verstimmt. Das versprochene Mädchen bekommt er ebenfalls nicht – der Ballettbesucher kann ihm seinen Ärger nachfühlen. Er rafft seine Bosheit zusammen und hat nun eine klare Vorstellung, wen die Schlange beißen soll. Uraga soll dem Reptil Aufmerksamkeit einschärfen.
Veramadeva überreicht das Geschenk Ino als Ehrung, weil sie so wunderschön getanzt hat. Der Prinz sieht es und möchte das Fass nicht zum Überlaufen bringen. Bevor die Rani die Beherrschung verliert, nimmt Ino das Diadem weg und überreicht es - wie sich das gehört - der schönsten Frau des Abends. Mit einem strahlenden Lächeln nimmt die Herrscherin das Geschenk huldvoll entgegen.
Uraga lässt sich in Reichweite des Herrscherpaares auf den Marmorfliesen nieder und hebt den Deckel an. Seine Flöte spielt eine wunderschöne Weise und die Schlange entsteigt dem Wäschekörbchen und bewegt sich in dem Rhythmus, den Ludolf Nielsen vorgibt. Obwohl das Reptil schlecht sieht, weil ihre Brille nur aufgemalt ist, hat die Schlange schnell herausbekommen, auf wessen Haupt der Edelstein funkelt. Wütend schießt sie vor, um der Rani ihre Zähne ins Fleisch zu schlagen, aber Veramadeva besinnt sich auf seine Pflicht als Leibwächter, was zu seinen Gunsten spricht. Er wirft sich schützend auf die Rani, so dass die Brillenschlange ihr Ziel verfehlt und er den tödlichen Biss empfängt. Die Glücksgöttin Lakschmi hat ihn verlassen, denn er haucht sein Leben aus. Ruchlosigkeit hat sich nicht bezahlt gemacht. Wahrscheinlich hängt seine Lampe irgendwo im Schlick fest.
Der Leblose wird fortgeschafft, und der Rajah bittet seine Gäste, sich zu zerstreuen. Die Rani möchte das kostbare Diadem verständlicherweise nicht behalten, nachdem Uraga sie über die Bewandtnis mit dem Stein aufgeklärt hat. Die Schlange könnte wiederkommen und sich ihr Eigentum herausbeißen. Deshalb tritt sie auf den Balkon und wirft das verhängnisvolle Schmückstück auf die Straße. Der Stein zerbricht beim Aufprall und eine Stichflamme schießt empor. Gemäß Libretto soll der Palast jetzt abbrennen, aber alle hoffen, dass der Ballettmeister die Feuerwehr noch rechtzeitig informieren konnte. Das Architekturwunder soll schließlich für die nächste Aufführung des Balletts auch noch bereitstehen.
Letzte Änderung am 14.1.2009
Beitrag von Engelbert Hellen