Heitor Villa-Lobos (1887-1959):
Entstehungszeit: | 1917 |
Uraufführung: | 1935 Buenos Aires |
Spieldauer: | ca. 20 Minuten |
Libretto: | vom Komponisten nach Mythen der Amazonas-Indianer |
Ort: | Amazonien |
Zeit: | seit urdenklichen Zeiten |
Der Alte mit der Nasenflöte | |
Die junge Amazone | |
Der Uiruparú in Transformation eines jungen Mannes | |
Einheimische Jäger und Stammes-Mädchen |
Der Uirapurú ist ein unscheinbarer kleiner Vogel, ähnlich der Nachtigall, von olivgrünem Gefieder und rostbraunem Schwanz. Sein Gesang ist wunderschön und wenn er erschallt, geben alle anderen Vögel Ruhe, um seiner Stimme zu lauschen. Er singt nur ganz selten, und wer ihn hört, hat Glück im Leben. Viele Legenden ranken sich um den kleinen Vogel. Bei den Einheimischen gilt er als Liebesvogel, und die jungen Männer jagen ihn. Wenn er von einem Pfeil getroffen wird, hat er die Möglichkeit, die Identität eines Menschen anzunehmen. Wenn dieser getötet wird, ist sein Leben nicht erloschen, sondern er verwandelt sich zurück in seine ursprüngliche Gestalt als Uirapurú.
Ein alter optisch unansehnlicher Indio spielt die Nasenflöte, und seine Musik wirkt auf die Einheimischen ebenso abstoßend wie der Solist. Deshalb schlagen sie ihn und jagen ihn aus ihrer Gemeinschaft fort in den undurchdringlichen Regenwald. Heitor Villa-Lobos versucht nun, die vielen nachtaktiven Tiere wie Glühwürmer, Grillen, Eulen, entzückende Baumkröten, Fledermäuse und andere Kriechtiere musikalisch in seinen Klangteppich zu integrieren. Seine opulente Musik ist eine Huldigung an den Regenwald.
Angelockt durch den süßen Gesang des Uiruparú erscheint eine mit Pfeil und Bogen bewaffnete Amazone, zielt und trifft den kleinen Vogel mitten ins Herz. Sogleich verwandelt der gefiederte Sänger sich in einen jungen Mann, der dem Mädchen wie ein Sklave folgt. Die Einheimischen sind erstaunt und können das Wunder nicht fassen.
Aus der Ferne ertönt die abstoßende Weise der Nasenflöte. In Erinnerung an die erlittenen Demütigungen verfolgt der hässliche Gnom den schönen Jüngling und tötet ihn durch einen Volltreffer aus seinem Blasrohr. Die Mädchen tragen den tödlich Verletzten zu einer Wasserstelle und - oh Wunder - was geschieht? Der Tote verwandelt sich zurück in einen Uiruparú und fliegt davon. Enttäuscht schauen die Mädchen ihrem Spielzeug hinterher und können die Transformation des Geliebten nicht fassen. Als kleiner Trost verbleibt ihnen der süße Gesang des kleinen Vogels, der allerdings nur selten erschallt, vorzugsweise, wenn er ein Nest baut.
Serge Diaghilevs Ballets Russes besuchte 1917 Rio de Janeiro, was Heitor Villa-Lobos veranlasste, ein kleines Ballett für die Gruppe zu komponieren. Ein geeignetes Libretto erstellte er aus den Mythen der Eingeborenen um den kleinen Liebesvogel Uiruparú.
Als Meister der Instrumentation, geschult an den Werken von Debussy und Strawinski, fiel es ihm nicht schwer, seine Vorstellungen optimal in Musik umzusetzen. Als Ballett erlebte das 20-Minutenstück seine Uraufführung jedoch erst 1935 in Buenos Aires. Zuvor war es dem Publikum aber vergönnt, in Form einer Symphonischen Dichtung das Werk im Konzertsaal kennenzulernen.
Zur korrekten Wiedergabe werden dem Orchester neben zwei Harfen, Celesta und Klavier auch einige typische Folklore-Instrumente beigegeben.
Letzte Änderung am 17.3.2007
Beitrag von Engelbert Hellen