Entstehungszeit: | 1922 |
Uraufführung: | 18. November 1922 in Berlin, Dirigent: George Weller |
Besetzung: | Sopran und Kammerorchester |
Spieldauer: | ca. 60 Minuten |
Opus: | op. 7 |
CD: | [Details] |
Zaubernacht (Ballettpantomime) (Capriccio, DDD, 2001) Kurt Weill (1900-1950) M. Norquet in FonoForum 1/03: "Unter dem "brasilianischenRheinländer" Celso Antunes liefert das Ensemble Contrastseine alerte und gelenkige Interpretation ab." |
Art: | Kinderpantomime in einem Akt |
Libretto: | Wladimir Boritsch |
Die Spielzeug-Fee | |
Der Junge | |
Das Mädchen | |
Die Mutter |
DAS LIED DER FEE:
Mein Spielzeug muss sein am Tage stumm,
Als kenne es keine Pein und keiner Stadt Gesumm,
Bis ich zur Mitternacht dann breche seinen Bann,
Beschwöre leis’ und sacht, hauch allen Leben an.
Das Starre dann sich regt, das Müde sich bewegt,
Was stumm beim Taggebraus, lärmt fröhlich dann durchs Haus,
Es geistert und es lebt, wie Elfenreigen schwebt,
Aus frohem Spiel und Scherz erfreut sich nun des Spielzeugs Herz.
Ihr seid nicht stumm wie Stein, lebendig müsst ihr sein.
Dann kommt mit mir sogleich ins weite Zauberreich,
Die Spielzeug-Fee bin ich, wer sah am Tage mich?
Doch unterm Sternezelt ist mein die schöne Welt.
Das Spielzeugvolk es hört, wenn meine Stunde schlägt.
Wie es mein Wort beschwört und hin zum Leben trägt.
Das Blut es kreise sacht, nicht lange Euch besinnt
Uns, eins, zwei, drei erwacht, das Leben nun beginnt.
Die Spielzeug-Fee wartet, bis der Junge und das Mädchen eingeschlafen sind. Sie erscheint ihnen im Traum und stellt in einem Lied sich und ihre Fähigkeiten vor. Gutmütig wie sie ist, möchte sie den Kindern eine Freude machen und erweckt die vielen Puppen und Figuren zum Leben. Sie treten auf wie Menschen und geraten auch in Gefahr, so wie es in den Erzählungen des Märchenbuches oder in den alten Heldensagen vorgegeben wird.
Doch der Junge und das Mädchen dürfen aktiv eingreifen, damit Unheil verhindert wird. Die Zinnsoldaten aus dem Märchen von Hans Christian Anderson sind ihnen unterstellt, und diese gehorchen freiwillig bei der Bewältigung ihrer oftmals schwierigen Aufgabe. Hänsel und Gretel haben es gar nicht nötig, die böse Hexe in den Backofen zu schieben, sondern man kommt zu anderen Lösungen, damit die Alte sich ihren ungezügelten Appetit auf Lebkuchenherzen abgewöhnt.
Einmal ist jeder Traum zu Ende und die Zaubernacht ist vorbei. Die Mutter zieht die Vorhänge auf, die Sonne scheint durch das Fenster. Die Kinder frühstücken und müssen sich für die Schule fertig machen.
Kurt Weill hatte den Auftrag erhalten, eine Kinderpantomime zu entwerfen. Es war sein erstes Bühnenwerk. Von der russischen Ballettgruppe am Theater am Kurfürstendamm in Berlin wurde sie am 18. November 1922 zum ersten Mal aufgeführt. Die Presse nahm von der Nachmittagsvorstellung kaum Notiz, aber Ferruccio Busoni und der Autor Georg Kaiser, sein späterer Mitarbeiter, waren unter den Zuschauern.
Partitur und Libretto, im Besitz von Wladimir Boritsch, sind verlorengegangen. Die heutige Einrichtung für Instrumental-Ensemble erfolgte nach dem Klavierauszug, der Notizen für die Instrumentierung enthielt. Das Resultat kann man als gelungen betrachten. Es entstand ein reizvolles Werk für das Ballett-Theater. Die wesentlichen Tanzrhythmen sind Walzer, Fox und Marsch. Die Tempi wechseln unaufhörlich.
Das Libretto wurde anhand von Zeitungskommentaren und mündlichen Berichten neu geschmiedet.
Eine viersätzige Suite gelangte 1923 in Dessau zur Aufführung.
Letzte Änderung am 26.6.2006
Beitrag von Engelbert Hellen